Achtung beim Pausenbrot: Warum Ihr Kind viel mehr Zucker isst als Sie denken

Vollkornbrot gilt als gesunde Wahl für Kinder – reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen. Doch beim genaueren Blick auf die Nährwerttabelle vieler Vollkornbrote, die speziell für Kinder vermarktet werden, offenbart sich ein Problem, das viele Eltern nicht auf dem Schirm haben: Die angegebenen Portionsgrößen entsprechen oft nicht der Realität und können die tatsächliche Nährwertaufnahme erheblich verschleiern.

Das Problem mit den Miniportionen auf der Verpackung

Wer sich die Nährwertangaben auf Vollkornbrotverpackungen ansieht, stößt häufig auf Portionsgrößen von 25 bis 35 Gramm. Das entspricht etwa einer dünnen Scheibe Brot – eine Menge, die für ein hungriges Kind beim Frühstück oder als Pausenbrot völlig unrealistisch ist. Tatsächlich wiegt eine durchschnittliche Scheibe Vollkornbrot etwa 55 Gramm. In der Praxis verzehren Kinder mindestens eine Doppelscheibe, häufig sogar mehr, insbesondere wenn das Brot als Hauptmahlzeit dient.

Diese künstlich klein gehaltenen Portionsangaben haben einen entscheidenden Effekt: Sie lassen die Produkte auf den ersten Blick deutlich gesünder erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind. Eltern, die schnell die Nährwerttabelle überfliegen, sehen möglicherweise moderate Werte für Zucker, Salz oder Kalorien – ohne zu realisieren, dass ihr Kind tatsächlich das Doppelte oder Dreifache dieser Menge zu sich nimmt.

Warum werden unrealistische Portionsgrößen verwendet

Die Antwort liegt in der rechtlichen Grauzone und den Marketingstrategien der Hersteller. Während die Lebensmittelinformationsverordnung vorschreibt, dass Nährwertangaben pro 100 Gramm aufgeführt werden müssen, sind zusätzliche Angaben pro Portion freiwillig – und hier gibt es keine verbindlichen Standards dafür, was eine Portion eigentlich sein sollte.

Hersteller nutzen diese Lücke geschickt aus. Durch kleinere Portionsangaben lassen sich der Zuckergehalt moderater darstellen, der Salzgehalt erscheint unbedenklicher, die Kalorienanzahl sieht niedriger aus und auch zugesetzte Fette fallen weniger ins Gewicht. Besonders bei Produkten, die sich an gesundheitsbewusste Eltern richten, wird dieser Trick häufig angewendet. Das Vollkornbrot mit kindgerechter Verpackung und Gesundheitsversprechen wirkt durch die geschönte Portionsangabe deutlich attraktiver als Konkurrenzprodukte mit realistischeren Angaben.

Zucker und Salz im Vollkornbrot

Gerade bei Vollkornbroten, die speziell für Kinder konzipiert wurden, findet sich manchmal ein etwas höherer Zuckergehalt als bei traditionellen Varianten. Untersuchungen zeigen, dass speziell für Kinder vermarktete Vollkornbrote etwa 3 Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten können.

Auf der Verpackung liest man dann bei einer 30-Gramm-Portion beispielsweise nur knapp 1 Gramm Zucker. Das klingt harmlos. Isst das Kind jedoch zwei Scheiben zu je 50 Gramm – eine absolut realistische Menge –, nimmt es bereits 3 Gramm Zucker allein durch das Brot auf, noch bevor Aufstrich hinzukommt.

Der Salzgehalt in realistischen Mengen

Ähnlich verhält es sich mit dem Salzgehalt. Vollkornbrot enthält von Natur aus Salz, das für die Teigführung und den Geschmack notwendig ist. Doch auch hier variieren die Mengen erheblich, und kleine Portionsangaben verschleiern die tatsächliche Aufnahme.

Ein typisches Vollkornbrot für Kinder enthält etwa 1,1 Gramm Salz pro 100 Gramm. Weist die Nährwerttabelle bei einer 35-Gramm-Portion einen Salzgehalt von 0,4 Gramm aus, erscheint das moderat. Bei zwei normal großen Scheiben à 55 Gramm sind es jedoch bereits etwa 1,2 Gramm Salz.

So durchschauen Sie die Portionentricks

Als Verbraucher sind Sie den irreführenden Portionsangaben nicht hilflos ausgeliefert. Mit einigen praktischen Tipps können Sie die tatsächlichen Nährwerte realistisch einschätzen. Legen Sie das Brot, das Ihr Kind normalerweise isst, auf eine Küchenwaage. Sie werden feststellen, dass eine normale Scheibe oft 50 bis 60 Gramm beträgt und eine typische Portion aus zwei Scheiben damit bei 100 bis 120 Gramm liegt – deutlich mehr als die angegebenen 25 bis 35 Gramm auf der Verpackung.

Rechnen Sie mit der 100-Gramm-Angabe

Ignorieren Sie die Portionsangabe und konzentrieren Sie sich auf die verpflichtende Angabe pro 100 Gramm. Multiplizieren Sie diese Werte mit der tatsächlich verzehrten Menge. Hat Ihr Kind beispielsweise 100 Gramm Brot gegessen, entspricht dies exakt den angegebenen Werten. Bei 80 Gramm nehmen Sie 80 Prozent der Werte.

Stellen Sie verschiedene Vollkornbrote nebeneinander und vergleichen Sie ausschließlich die 100-Gramm-Angaben. So erhalten Sie einen fairen Vergleich, unabhängig von den unterschiedlichen Portionsgrößen, die die Hersteller angeben. Die Reihenfolge der Zutaten verrät viel über die Zusammensetzung. Steht Zucker, auch in Form von Sirup, Honig, Dextrose oder Malzextrakt, weit vorne, ist der Gehalt entsprechend hoch – unabhängig davon, was die Nährwerttabelle bei unrealistischer Portionsgröße suggeriert.

Was sich ändern müsste

Verbraucherschützer fordern seit Jahren einheitliche und realistische Portionsgrößen. In anderen Ländern gibt es bereits Ansätze dafür: Standardisierte Referenzmengen, die sich an tatsächlichen Verzehrgewohnheiten orientieren, würden die Vergleichbarkeit erheblich verbessern und Irreführung erschweren.

Für Vollkornbrot könnte eine realistische Referenzportion beispielsweise bei 60 Gramm für eine Scheibe oder 100 Gramm für eine typische Mahlzeit liegen – Mengen, die dem tatsächlichen Verzehr entsprechen. Bis solche Regelungen kommen, liegt es an Ihnen als informierter Verbraucher, die Angaben kritisch zu hinterfragen und umzurechnen.

Praktische Tipps für den Einkauf

Wählen Sie Vollkornbrote mit möglichst kurzer Zutatenliste. Idealerweise sollten Vollkornmehl, Wasser, Sauerteig oder Hefe und Salz die Hauptbestandteile sein. Zusatzstoffe, Zucker in verschiedenen Formen oder pflanzliche Öle können Hinweise auf stärker verarbeitete Produkte sein.

Bevorzugen Sie Brote mit möglichst niedrigem Zuckergehalt und einem moderaten Salzgehalt von etwa 1,0 bis 1,2 Gramm pro 100 Gramm. Diese Werte sind bei vielen Vollkornbroten auf dem Markt zu finden und orientieren sich an ernährungswissenschaftlichen Empfehlungen.

Frisches Brot vom Bäcker hat den Vorteil, dass Sie konkret nachfragen können, welche Zutaten verwendet wurden. Viele Bäckereien geben mittlerweile auch Nährwertinformationen heraus, die realistischer ausfallen als bei industriell verpacktem Brot.

Die gesundheitlichen Vorteile nicht vergessen

Bei aller berechtigten Kritik an irreführenden Portionsangaben sollte nicht vergessen werden, dass Vollkornbrot grundsätzlich eine ausgezeichnete Wahl für Kinder ist. Weizenvollkornbrot enthält etwa 7,6 Gramm Ballaststoffe pro 100 Gramm – doppelt so viel wie Weißbrot. Zudem liefert es doppelt so viel Kalium und Eisen, dreimal so viel Magnesium und viermal so viel Zink.

Die wertvollen Inhaltsstoffe befinden sich vor allem in den Randschichten des Getreidekorns, die bei Vollkornbrot komplett erhalten bleiben. Dazu gehören wichtige B-Vitamine, Magnesium, Phosphor, Eisen, Kupfer und Zink – alles Nährstoffe, die für die Entwicklung von Kindern bedeutsam sind.

Die irreführenden Portionsangaben bei Vollkornbrot für Kinder sind mehr als ein kosmetisches Problem. Sie erschweren es Eltern erheblich, informierte Entscheidungen für die Gesundheit ihrer Kinder zu treffen. Indem Sie die Tricks der Hersteller durchschauen und konsequent die 100-Gramm-Angaben nutzen, gewinnen Sie die Kontrolle zurück über das, was wirklich im Pausenbrot Ihres Kindes steckt. Vollkornbrot bleibt dabei eine hervorragende Basis für eine gesunde Kinderernährung – wenn Sie wissen, worauf Sie achten müssen.

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